Usedom: Idylle in der Wintersonne

Usedom: Idylle in der Wintersonne

Man muss sie schon mögen – die Winterzeit an der Ostsee. Denn im Gegensatz zum Sommer schlägt in den kalten Tagen ein völlig anderer Takt. Die Strände sind dann fast menschenleer, die Dünen gepudert von Raureif, die Luft rau und klar und das Meer schimmert im dunklen Grünblau. Wir mögen die Zeit, in der die steife Brise ins Gesicht weht und den Kopf wieder frei macht für das Wesentliche. Dieses Jahr ging es auf die Lieblingsinsel von Kaiser Wilhelm II. nach Usedom. Er und die vielen Berliner Adeligen kamen im Gegensatz zu uns im Sommer. Wie schade, denn sie verpassten den eigenwilligen Reiz der Insel im Winter. Wenn die von Schilf umsäumten Ufer des Achterwassers von dunstig-nebligen Schwaden durchzogen sind oder Sonnenuntergänge zaubert, die kitschiger nicht sein können. Die High Society von damals, zog es an die Küste mit endlosen weißen Sandstränden, Dünen und steilen Felsen. Natürlich residierten sie nicht in schnöden Hotels sondern in prachtvollen Privatvillen. So entstand die sogenannte Bäderarchitektur.
Die drei Kaiserbäder
Die wollten wir auch erleben, so fiel unsere Wahl auf Bansin das Kleinste der drei Kaiserbäder. Denn schließlich habe ich auch einen Wilhelm an meiner Seite, nicht adelig, aber dafür manchmal mit durchaus kaiserlichen Attitüden-. Wie in den großen Schwestern findet sich auch in Bansin wunderschöne Bäderarchitektur. In einigen Straßen glaubt man die Zeit wäre stehen geblieben. Uns hat die Bergstraße mit ihren langen und lückenlosen Reihen kaiserzeitlicher Häuser besonders gefallen. Am ersten Tag zeigte sich Usedom im besten kaiserlichem Wetter und trat den Beweis an, dass sie zum sonnenreichsten Ort Deutschlands gehört. Für mich die beste Gelegenheit mit dem Wilhelm die Kaiserbäder zu entdecken. Heringsdorf war früher das vornehmste aller Ostseebäder, denn hier badete die kaiserliche Familie im Sommer. Außerdem wurden reiche Töchter hier unter die Haube gebracht. Im letzten Jahrhundert der Dating Spot Nr.1 für die bessere Gesellschaft. Sehen und Gesehen werden war damals wie heute angesagt, nicht umsonst ist der Ort für viele das Nizza des Nordens. Seit 1999 gibt es hier den Mode-Event Usedom Baltic Fashion. Die gründerzeitliche Seebrücke wird dann Catwalk und junge Designer aus dem Ostseeraum zeigen ihre Kollektionen auf der „Bridge of Fashion“. Natürlich gibt es auch hier eine prächtige klassizistische Villa nach der anderen. Viele Großindustriellen und Prominenten der damaligen Zeit dienten sie als Sommerresidenz. Unter ihnen Künstler wie Fontane und die Gebrüder Mann, Maxim Gorki, Leo Tolstoi und auch die Industriellen Oppenheim, Bleichröder, Berthold und Scherings verlebten hier ihren Urlaub.
Zu den Kaiserbädern gehört auch Ahlbeck mit der berühmten Seebrücke, die als Wahrzeichen Usedoms gilt. Sie zählt zu den ältesten Seebrücken Deutschlands.
Im Februar gibt es einen ganz besonderen Event. Todesmutige Eisbader aus ganz Deutschland und Polen stürzen sich dann in die kalten Wellen der Ostsee. Wer es kuscheliger mag, den zieht es ganzjährig in die Ostseetherme. Das Bad selber ist schon in die Jahre gekommen, aber viele Hotels bieten 50% auf den Eintrittspreis.
Das polnische Usedom
Wer Usedom besucht sollte auch einen Ausflug nach Polen machen, denn die Insel ist ebenso deutsch wie polnisch. Auf dem Polenmarkt gleich hinter der Grenze, gibt es neben günstigen Zigaretten auch nachgemachte Labelwaren, Käse, Schinken, Wurst. Jede Menge CDs und DVDs. An jedem Stand läuft die Hitparade der Volksmusik oder grausige Schlagermusik. Natürlich gibt es auch Gartenzwerge in allen Variationen. Wer seinen Garten stilechtverschönern will ist dort an der richtigen Adresse.
Für die Aktiven bietet sich die Möglichkeit fürstlich zu radeln. Der Radweg über die Strandpromenade der Kaiserbäder führt bis ins polnische Swinemünde. Ganz ambitionierte können die kostenlose Stadtfähre nutzen, um mit dem Fahrrad auf die Nachbarinsel Wollin überzusetzen.
Die Bernsteinbäder
An der schmalsten Stelle von Usedom, wo sich die Küsten von Achterwasser und Ostsee fast berühren, befinden sich die sogenannten Bernsteinbäder. Ihren Namen verdanken sie dem Gold der Ostsee, denn Bernstein ist in den Orten Zempin, Koserow, Loddin und Ückeritz besonders häufig zu finden.
Gemeinsam mit den Kaiserbädern haben sie die schöne Architektur und den breiten Sandstrand. Besonders schön ist das noch weiter nördlich gelegene Zinnowitz, mit toller Strandpromenade, einer großen Seebrücke und vielen wilhelminischen Bädervillen.
Das Achterwasser und die Boddenlandschaft
Doch Usedom hat noch mehr zu bieten als die Seebäder. Idyllische Dörfer, stille Seen und Wälder, Erlenbrüche und Hochmoore bilden die Landschaft im Hinterland. Gerade in der kalten Jahreszeit bildet das Achterwasser, mit seiner leicht gewellten Landschaft aus Wäldern, Wiesen, Äckern, kilometerlangen Deichkämmen, Schilf gesäumten Ufer und einsamen Fischerbooten eine romantische Szenerie. Diese seeartige Boddenlandschaft hatte es auch dem berühmten Maler Lyonel Feininger angetan. Er besuchte Usedom in den Jahren zwischen 1908 und 1918 und liebte es mit dem Fahrrad die stillen Orte hinter der Küste zu entdecken. Wer auf seinen Spuren wandeln möchte begibt sich auf den rund 56 Kilometer langen Feiniger Radweg. Man startet in Mellenthin am Wasserschloss, fährt dann am Balmer See entlang über Neppermin, Benz, die Kaiserbäder nach Swinemünde. Zurück nach Mellenthin geht es über Kamminke, Zirchow Korswandt und Gothen. Wer möchte kann auch Teilstrecken befahren.
Die Halbinsel Lieper Winkel
Uns hat die Halbinsel Lieper Winkel sehr gut gefallen. Die Dörfer mit ihren idyllischen Häfen strömen noch traditionellen Charakter aus. Reusenstangen und Fischernetze sind oft zum Trocknen aufgestellt, häufig wird fangfrischer Fisch aus der eigenen Räucherei angeboten. Es gibt viele reetgedeckte Fischerkaten und verträumte Alleen und Sonnenuntergänge die seinesgleichen suchen.
Peenemünde an der Nordspitze
Die Heeresversuchsanstalt Peenemünde ist aus der deutschen Geschichte nicht zu streichen. Während der NS-Zeit wurde unter Mithilfe von Wernher von Braun die sogenannten Raketen V1 und V2 gebaut und getestet. Es gelang der weltweit erste Start einer Rakete in den Weltraum. Dies erfolgte unter der Mithilfe von etwa 1400 Zwangsarbeitern, die in zwei KZ-Arbeitslagern auf dem Peenemünder Versuchsgelände gefangen gehalten wurden. Nach Ende des Krieges wurde es ein Militärstützpunkt der Sowjetarmee. Und in den 50ern übernahm die Marine der Volksarmee der DDR diesen Standort und errichtete dort einen Stützpunkt.
Jetzt informiert ein Museum über einen der spektakulärsten, gleichzeitig aber auch gefährlichsten technischen Durchbrüche des 20. Jahrhunderts. Im Freigelände sind Raketen, verschiedene Flugzeuge, Hubschrauber zu besichtigen.

Unser Fazit zu Usedom: Wer in der Tristesse der Nachsaison das wahre Gesicht der Insel finden will, für einen wolkenlosen Himmel in der Wintersonne schwärmt und den Strand für sich ganz alleine haben will, der ist in der kalten Jahreszeit auf Usedom bestens aufgehoben. Die Zimmerpreise rutschen in freundliche Kategorien, die Landschaft ist in das feine Licht des Winters gehüllt und der Takt des Tages geht herrlich langsam. Urlaub wie zu Kaisers Zeiten – angenehm und entspannend. Wir haben es genossen und können es jedem weiter empfehlen…Wem der Blog gefallen hat, der kann uns gerne abonnieren (natürlich gratis), einfach oben links die E-Mail eintragen und schon kommen die aktuellen Welt-Sehen und Erleben News. Wir freuen uns sehr darüber !

Usedom weitere Informationen: http://www.usedom.de/

Feiniger Radweg: http://www.papileo.de/index.html

Radwege an der Küste

Museum Peenemünde: http://www.peenemuende.de/index.php?id=42

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