Äthiopien – Ein Roadtrip mit Herausforderung
Eine Rundreise durch Äthiopien fordert viel und war für uns „bequeme und satte“ Europäer eine wirkliche Challenge. Aber wir haben auch viel bekommen,- unvergessliche Eindrücke in einem Land mit jahrtausendealter Hochkultur, sehenswerten Architekturzeugnissen und wildromantischen Landschaften.
Bis Haile Selassi I. 1974 abdanken musste, war Äthiopien ein Kaiserreich. Man sagt hier liegt die Wiege der Menschheit, die berühmte Dame “Lucy” wurde hier gefunden. Es liegt im Osten Afrikas, nördlich von Kenia und grenzt im Süden an Somalia.
Für uns war Äthiopien ein stetige Zeitreise, die gleich am ersten Tag mit einer großen Anstrengung begann. Von der Hauptstadt Addis Abeba ging es für uns in den Norden nach Bahir Dar. Die Stadt liegt am südöstlichen Ufer des Tana-Sees im Hochland von Abessinien. Die Fahrt dauerte 12 Stunden und ging teilweise über recht holprige Straßen. Anstrengung pur! Wir empfehlen diesen Strecke mit dem Flugzeug zu bewältigen, wenn auch teurer, die lange Fahrt ist zu nervenaufreibend nach der Anreise aus Deutschland.
Tanasees und Bahir Dar
Der Tanasee ist der Größte des Landes, der blaue Nil entspringt ihm. Für uns ging es mit der Fähre zur Klosterkirche Ura Kidane Meheret auf der Halbinsel Zeghie. Allein die Fahrt dahin ist ein Erlebnis. Ich glaube die „Kombüse“ findet keine Konformität mit unseren DIN-Regularien von Gastro-gewerblicher-Küchenausstattung. Aber der Kaffee war super.Am Ufer angekommen, führt ein gewundener Pfad durch ein dicht bewachsenes Wäldchen zu einer hölzernen Rundkirche. Auf dem Weg dorthin gibt es zahlreiche Verkaufsstände mit Schmuck, Holzgefäßen oder Webarbeiten. Die besten Rabatte gibt es, wenn man auf dem Rückweg kauft.
Die reetgedeckte Kirche zeigt wunderschöne Malereien. Hier erfahre ich auch, warum die Kinder mich mit meinen blonden Haaren mit großen Augen anstarren. Die blutrünstigen Eroberer haben alle blonde Haare und gelten als eher böse. Ihre Darstellung erfolgt stets in der Silhouette, nie von vorne. Man wundert sich, aber mit diesem Wissen war ich jetzt der Rammbock gegen aufdringliche Verkäufer. Die farbenfrohen Malereien und Zeichnungen sind wirklich bewundernswert und stammen aus dem 14. Jahrhundert.
Bahir Dar wird auch als „äthiopische Riviera“ bezeichnet, naja ich finde da ist viel Luft nach oben. Wir haben in einem Restaurant am See gegessen, was entspannt war. Außerdem führt entlang des Seeufers eine Promenade, die zu einem Spaziergang einlädt. Besonders gut gefallen hat uns der Sonntägliche Freiluft-Gottesdienst. Dann strömen die Gläubigen in strahlendweißen Gewändern von allen Seiten zusammen und singen andächtig. Eine tolle Stimmung.
Die Wasserfälle vom Blauen Nil
Ein schöner Tagesausflug ist die Fahrt zu den Fällen des Blauen Nils. Für uns war eine Übersetzen mit dem Boot vorgesehen und dann ging es noch 4oo m einen Weg entlang, bis wir die Fälle erreicht haben. Auch hier wird man begleitet von jungen Männern, die für ihre Gesellschaft ein fürstliches Trinkgeld erwarten. Außerdem hatten wir wie überall omnipräsente Kinder im „Fahrwasser“ gehabt, die Souvenirs zum Verkauf anbieten. Sie sind teilweise recht hartnäckig, was viel Geduld erfordert.Aber zum Wasserfall, der selbst nicht wahnsinnig hoch ist. Die Wassermassen des Blauen Nils stürzen 40 Meter in die Tiefe. Je nach Jahreszeit gibt es viel oder eher wenig Wasser. Die ganze Landschaft Drumherum ist sehr schön. Wer wandern möchte, nimmt den Wanderweg. Für ein Trinkgeld begleiten einen die einheimischen Jugendlichen, Kosten ca. 100 Birr.
Wir haben zwei individual Touristen getroffen, die auf eigene Faust vom zentralen Busbahnhof Bahir Dar zu den Fällen gefahren sind. Täglich verkehren Busse nach Tis Abey für 25 Birr (ca.46 Cent). Geführt kostet die Tour 300 Birr (ca. 10 €), plus Eintritt und Trinkgelder. Mit An- und Rückreise dauert der Ausflug sechs Stunden, die Straße nach Tis Abey ist abenteuerlich.
Wer nach Äthiopien reist, will natürlich das achte Weltwunder, die Felsenkirchen von Lalibela sehen. Die uralten, in den Stein gemeißelten Sakralbauwerke sind auf alle Fälle ein Highlight. Für uns ging es wieder neun Stunden mit dem Bus von Bahir Dar durch das Hochland nach Lalibela.
Landschaft und Straßen
Die Fahrt führt über eine Straße, die wie so oft recht holprig ist. Es geht hinauf auf über 3.500 Meter. Hier zeigt Äthiopien wieder sein wunderschönes und ungeschminktes Gesicht. Bergkulissen, die einen sprachlos machen, Menschen am Wegesrand die neugierig winken. Mehr als einmal denken wir, wie schwer das Leben hier sein muss. Die Fahrt ist anstrengende, aber wir vertreiben uns die Zeit mit Fragen an unseren Guide. Er beantwortet alles, auch brisante politische Themen, gesellschaftskritische Angelegenheiten und Privates nichts wird ausgelassen. Und wir bekommen einen tollen Einblick in die äthiopische Kultur.
Menschen und Betteln
Apropos Kultur, die Armut ist hier riesengroß und Jahrzehnte andauernde, nicht zielführende Entwicklungshilfe und Ausbeutung hat unserer Meinung nach unschöne Spuren hinterlassen. Wir wurden häufig von Kindern mit „Hey Money“ begrüßt. Einige Male wurde nach uns gespuckt oder „Fuck you“ gerufen. Ich fand es sehr traurig, wie sich hier wohl ein Bild geprägt hat, dass Touristen ein Geldautomat auf zwei Beinen sind. Unser Guide schärfte uns ein, kein Geld zu geben, denn dann schicken Eltern ihre Kinder zum Betteln und nicht in die Schule. Als satter Europäer kann ich ihr sicher hartes Leben nur wenig beurteilen, trotzdem waren solche Situationen recht unangenehm.
Felsenkirchen von Lalibela
Lalibela liegt zwischen Gondar und Mekele, ist allerdings durch keine Hauptstraße verbunden und wegen der Gebirgslandschaft und schlechten Infrastruktur am besten mit dem Flugzeug erreichbar. Wir nahmen wie gesagt den Bus. Laut Legende wurden die 11 Kirchen über Nacht vom König Lalibela durch Gotteshand und Unterstützung von Engeln geschaffen. Die Wissenschaft sagt: 40.000 Arbeiter haben sie in 23 Jahren gebaut. Die im Osten gelegenen Kirchen sollen das heilige Jerusalem verkörpern. In der nördlichen Gruppe befindet sich mit der Bet Medhane Alem die größte monolithische Kirche der Welt. Der Eintritt ist happig für das Kombi-Ticket werden 50 US-Dollar aufgerufen. Bei unserer Reise waren alle Eintrittsgelder inkludiert.Die uralten, in den Stein gemeißelten Sakralbauwerke sind auf alle Fälle einen Besuch wert. Die meisten der Kirchen wirken relativ klein, aber es gibt auch große Gebäude, wie die Welterlöser-Kirche. Wir wurden richtig ehrfürchtig vor dieser Baukunst, die mehr als 800 Jahre alt ist. Was von außen so pompös erscheint, ist im Inneren häufig wenig spektakulär. Am meisten gefallen hat uns natürlich die bekannte St. Georg –Kirche. Von oben sehr gut zusehen, die Form des griechischen Kreuzes, welches aus dem Boden geschlagen wurde.
Lalibela an sich hat leider wenig Schönes zu bieten und glich eher einer großen, staubigen Baustelle. Gegessen haben wir im Restaurant Ben Abeba. Was ein Erlebnis war, ein toller Ort mit fantastischer Aussicht. Das Essen ist lecker und es gibt typisch äthiopisches Essen. Die Küche ist ziemlich scharf. Äthiopier trinken nicht viel Alkohol, sie bevorzugen Kaffee. Auf dem Land bekommen die Senioren den ersten Aufguss, Eltern den nächsten und sogar Kinder trinken Kaffee. Sie erhalten den dritten Aufguss. Es gibt ganz gutes Bier und recht akzeptablen Wein, den Acacia. Nach diesem Highlight ging es für uns zurück nach Adis Abeba durch das Hochland. Die Rückreise war wieder sehr anstrengend, doch die unglaubliche Landschaft entschädigt für alles, schließlich ist man auf dem „Dach“ von Afrika unterwegs. Insgesamt waren wir mit unserer Rundreise von Berge&Meer sehr zufrieden und haben den anschließenden Badeaufenthalt auf Sansibar genossen.Wir hatten Glück, es gab Dscheladas Blutbrustpaviane zu sehen. Sie leben vor allem im Simien Mountains National Park. Es ist eine Affenart, die sich vorwiegend von Gras ernährt.
Klima und Temperaturen
Wir haben das Land im März besucht, kurz vor der kleinen Regenzeit. Wir werden oft nach den Temperaturen gefragt. Von Oktober bis Februar dauert die Trockenzeit an. Grob lässt sich das Klima nach Höhenstufen bestimmen. Je höher die Region, desto kühler und niederschlagsreicher; je niedriger, desto wärmer und trockener. Auf bis zu 1600 Metern bestimmen heiße Temperaturen mit 27 °C im Jahresdurchschnitt das Klima. Von 1600 bis 2400 Metern herrschen warm-gemäßigte Bedingungen mit Durchschnittswerten um die 22°C. Über 2400 Metern wird es kühler. In Addis Abeba (2355m) beträgt die Jahresdurchschnittstemperatur 16°C.
Wie war es insgesamt?
Äthiopien ist ein beeindruckendes Land mit unvergesslichen Kulturschätzen und unglaublich schönen Landschaften. Wir raten aber dazu einige Strecken mit dem Flugzeug zurückzulegen. Die Menschen, die wir näher kennengelernt haben, waren offen und hatten einen tollen Humor. Sie sind konservativ und besitzen ein starkes religiöses Grundverständnis. Uns hat gefallen, wie unterschiedlich Äthiopier sind und doch, obwohl sie vielfältigsten Glaubensrichtungen angehören, ein gutes Miteinander finden. Letztendlich ist Äthiopien eine Reise wert, weil hier alles so ganz anders ist, als wir es kennen. Für uns letztendlich das, was das Reisen wertvoll macht, – neue Horizonte entdecken…
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