Zypern - Sonniger Fluchtpunkt in der kalten Jahreszeit

Zypern – Sonniger Fluchtpunkt in der kalten Jahreszeit

Eigentlich waren meine Erinnerungen an Zypern als Ferienziel eher verhalten. So mehr nach dem Motto: „Was dürfen sie nicht verpassen? – DEN RÜCKFLUG!“ Mit Schaudern dachte ich an hässliche Bausünden, For Rent – Schildern (ganz Zypern scheint auf dem Grabbeltisch zu liegen), unerträgliche Hitze und alkoholisierte Ballermann Briten. Doch die bekannte 2.Chance hat jeder verdient: So viel unsere Wahl, auf der Suche nach warmen Wetter, ohne lange zu fliegen, doch auf Zypern.

Schon bei der Ankunft eröffnete die Insel ein völlig neues Gesicht. Wer wie ich, bisher nur im Sommer hier war, ist erstaunt, wie grün sie im Herbst, Winter und im Frühling ist. Wir hatten uns für ein Apartment in Peyia entschieden, ein kleines Dorf in der Region von Paphos, etwas oberhalb des Touristenortes Coral Bay. Vom Flughafen waren es etwa 2,5 Stunden Fahrzeit. Hier möchten wir uns noch einmal bei unserem kleinen Mietwagen entschuldigen, der wegen des Linksverkehrs, in den ersten Tagen eine wahre Getriebefolter ertragen musste (alles war auf der falschen Seite). Sorry…

Peyia oberhalb des Touristen Ortes Coral Bay

Im Winter zeigt sich in Peyia, wie überall auf der Insel, das ursprüngliche Zypern. Neben einigen Briten (meist nüchtern und kultiviert), die hier überwintern, gibt es viele Zyprioten, die in den Kaffeehäusern Backgammon spielen und die Stille der Nachsaison genießen. Außerdem bieten, die wenigen Restaurant und Tavernen, die in dieser Zeit geöffnet sind, herrliche zypriotische Spezialitäten wie die Meze (Vielzahl von Speisen auf kleinen Tellern). Lecker, lecker, lecker!

Unser Apartment gehörte zu einer Anlage mit Hallenbad, Sauna und Fitnessraum. So versprach ich mir, mit der Möglichkeit eines täglichen Wellness-Programms, so schön wie Aphrodite aus dem Urlaub heimzukehren. „Die Hoffnung stirb ja bekanntlich zu guter Letzt“. Schön war jedoch erst einmal (und auch später) nur der Blick von der Terrasse auf das Meer…

Ausblick über die Bucht von Peyia und Coral Bay

Neben einer ursprünglichen Umgebung war es uns auch wichtig, dass die nächste Stadt nicht weit entfernt lag. Nach Paphos war es mit dem Auto nur 15 Minuten. Zypern ist vor allem ein tolles Reiseziel für Leute, die an Altertümern interessiert sind. Das trifft auf uns leider nicht zu, wir sind die leibhaftigen „Trümmermuffel“. So waren wir wenig interessiert  an den obligaten Sehenswürdigkeiten, wie die Königsgräber aus dem 3. Jahrhundert vor Christus und die römischen Häuser in Kato Paphos. Wenig vorbildlich und sicherlich der Alptraum für alle kunsthistorisch Interessierten.

Hafenpromenade Paphos

Genossen haben wir hingegen die Promenade am Hafen, mit den vielen Restaurants und Cafés. Genuss ist ja auch etwas Schönes. Mittags und am Nachmittag gab es häufig Temperaturen bis zu 20 Grad und herrliches Sonnenwetter. Abends ging es dann in eines der kleinen landestypischen Restaurants, wo am offenen Kaminfeuer die schönsten Meze-Gerichte serviert wurden. In unserem „Heimatdorf“ Peyia können wir die Cousins Tavern und die Peyia Tavern empfehlen, sie servieren ausschließlich Gerichte von lokalen Erzeugern, meist gibt es keine Karte, sondern nur Empfehlungen des Chefs. Diese schmecken jedoch unglaublich lecker.

Der Winter und der Frühling sind ideal für Ausflüge. Dabei haben wir schnell bemerkt, dass die drittgrößte Insel im Mittelmeer riesig und sehr weitläufig ist. Meine geplanten Tagestouren, entpuppten sich mehrmalig als ein entspanntes Wochenprogramm.

Küstenstreifen in Nordzypern

Ein gutes Beispiel dafür war der Tages–Trip in den Norden, den türkischen Teil. Ich wollte unbedingt an die nördlichste Spitze, wohlgemerkt aus dem äußersten Süden kommend…!!! Im Norden zeigt sich, welch spezielles Gesicht Zypern hat. Denn die Insel ist griechisch und irgendwie doch nicht. Seit  Sommer 1974 teilt sich Zypern in den türkischen Nordteil und den griechischen Südteil. Nachdem wir einige Zeit durch das Grenzgebiet gefahren waren (Deutschland OST/WEST lässt grüßen) überquerten wir die Grenze nördlich von Larnaca. Die Einreise ist eigentlich ohne Problem möglich, war jedoch bei uns mit einiger Aufregung verbunden. Der Grund lag darin, dass Mietwagen aus dem griechischen Teil eine extra Autoversicherung abschließen müssen. Denn die „Türkei“ ist ja nicht EU-Mitglied und Tagestouris  sind irgendwie nicht willkommen. Also schlossen wir eine 3-Tages Versicherung ab und es ging über die Grenze.

Karpas Halbinsel in Nord- Zypern

Erst durch „No-Mans Land der UNO“ – fuhren wir dann ein Stück die Karpas Halbinsel und deren Küste entlang. Der Norden gilt noch immer als Geheimtipp, und ist landschaftlich wunderschön. Nach einer kurzen Pause in dem Ort Bogázi (Bogaz), mussten wir eine realistische Einschätzung unseres möglichen Tagespensums erstellen. Wir entschieden uns, die Rücktour anzutreten, denn bis zum pittoresken Örtchen Dipkarpaz und der nördlichsten Spitze Kap Apostolos Andreas wären es noch einige Stunden Autofahrt gewesen. Und es war bereits 14 Uhr. Da wir uns nicht sicher waren in der Nebensaison eine Unterkunft zu finden, entschieden wir uns ein paar schöne Stunden in der Stadt Famagusta zu verbringen. Schade, denn die nördliche Spitze Zyperns soll wildromantisch und absolut ursprünglich sein. Neben endlosen Dünenlandschaften, menschenleeren, langen Sandstränden gibt es hier auch zahllose historische Sehenswürdigkeiten.

Famagusta Altstadt

Doch  Famagusta  überraschte uns mit seiner hübschen Altstadt und romantischen Gassen und Häusern. Sie wird von einem Mauerring umgeben, der rund vier Kilometer lang und etwa 18 Meter hoch ist. Kleine  Läden, Gewürzstände und Cafés laden zum Verweilen ein. Das Stadtbild ist geprägt  durch mittelalterliche Fassaden, Kuppeln, Mauerfragmente, historische Fenster und Tore. Hier scheinen vergangene Zeiten lebendig zu werden.

Moschee und historische Altstadt Famagusta

In der Nähe liegt auch der  traurige Teil der Stadt  Varosha  die “Tote Stadt”. Hier lässt unsere DDR Vergangenheit grüßen. Soldaten, Absperrungen und überall Militärfahrzeuge.  Früher war dies, der touristische Hot Spot.  Durch den Krieg wurde ein Großteil der Häuser zerstört und die Eigentümer enteignet. Und solange die Besitztümer noch nicht geklärt sind, bleibt diese Region unbewohnt und militärisch bewacht – und verfällt leider bis zur Unkenntlichkeit. Die Ausreise war dann relativ problemlos, aber den Nordteil werden wir sicherlich noch einen extra Urlaub widmen. Malerische Hafenstädte wie Girne an der Nordküste sollen mediterranes Flair wie aus dem Bilderbuch bieten und dann wird auch das Kap Apostolos Andreas erobert.

Außerhalb der heißen Sommersaison kommen viele wegen der grandiosen Wandermöglichkeiten nach Zypern. Ein tolles Ziel dafür ist, die mit wilden und herrlichen Landstrichen versehene Akamas-Halbinsel. Ein spektakuläres Wanderziel ist die Avgas-Schlucht. Zwischen Kap Drepanon und Lara Bay schlängelt sich der Fluss Avgas durch ein tiefes Becken. Den Ausgangspunkt (ein Parkplatz) erreicht man nur über eine Schotterstraße. Wir sind natürlich einige Zeit durch die Geröllwüste geirrt, bis wir den Parkplatz gefunden haben.

Parkplatz und Eingang zur Avgas-Schlucht

Strategisch korrekt, hatten wir einen Tag gewählt, der auf 5 Tage ohne Regen folgte. Denn bei Regenfällen ist die Begehung gefährlich. Bei viel Niederschlag wird aus dem wildromantischen kleinen Bach, ein tosender Fluss, der sich seinen Weg durch die Schlucht in Richtung Meer bahnt. Doch auch so war der Wanderpfad eine Herausforderung, er führt durch ein steiniges Bachbett, in dem Platanen, Schilf und Oleander wachsen. Einen Pfad gibt es nicht, man muss schon wie die Ziegen über die Steine klettern. Trotzdem ist der Weg sehr schön! Besonders gefielen uns die  Lichtreflektionen, die sich in der mal enger mal weiter laufenden Kalksteinschlucht. Entlang des Bachbettes gibt es viel grüne Natur und Orangenbaumplantagen. Im Winter werden die Brücken über den Bach abgebaut, schon gleich am Eingang des Pfades. Man sollte wirklich trittsicher sein und muss richtiges Schuhwerk anziehen. Eine englische Familie, die uns am Anfang in „Adiletten“ begleitete und auch sonst eher strandmäßig gestylt war, kam nicht weit.

Nicht ganz so spektakulär ist die Wanderung ab dem sogenannten Aphrodite-Trail. Er beginnt beim Bad der Aphrodite, wo vor grauer Urzeit die Liebesgöttin Aphrodite und der schöne Akamas ihre Datings hatten. Bekanntlich hat Zeus ja einen Riegel davor geschoben, weil er selbst ein Auge auf den Akamas geworfen hatte. Beruhigend zu wissen, dass gleichgeschlechtliche Beziehungen schon ganz früher und unter Göttern völlig normal waren!

Aphrodite-Trail beim Bad der Aphrodite

Aber weg von dem sexuellen, was hat der Trail zu bieten. Er führt entlang der Küste hinauf auf den 370 Meter hohen Moutti tis Soutiras. Von hier aus geht er in südlicher Richtung bis zur Chrysochou Bucht mit Ausblicken auf eine wunderschöne Küste. Der Weg ist 7,5 Kilometer lang und dauert ca. drei Stunden.

Fischerort Lakki Akamas-Halbinsel

Auf dem Rückweg haben wir in Lakki  angehalten.  Im Sommer soll der kleine Ort, mit  dem Küstenstädtchen an der Cote d’Azur vergleichbar sein. Im Winter wird hier jedoch ordentlich aufgeräumt… auch die Strandduschen – wie wir feststellen mussten. Trotzdem hat uns der kleine, idyllische Ort mit seinem Yachthafen und den vielen einfachen Tavernen sehr gefallen.

Natürlich sind wir auch in das Tróodos-Gebirge gefahren. Hier musste ich an meine Oma denken, die immer so schöne Ferien im Schwarzwald verlebt hat. Denn in den zypriotischen Hochlagen ist die Natur urwüchsig und wild. Dichte Wälder aus Eichen, Kiefern, Pinien und Zedern prägen das Bild des Gebirges. Sein höchster Berg ist mit 1.952 Metern der Olympus, im Winter schneebedeckt. Aber dazu später mehr….

Troodos Gebirge mit Blick auf den Olympus

Wir hatten uns einen Wanderweg zu den Caledonia Falls ausgesucht. Der „Einstieg“ liegt oberhalb des hübschen Bergdorfes Pano Platres, in dem die Zyprioten ihre Sommerfrische genießen. Geparkt haben wir an der Waldgaststätte Psilo Dendro, leider war diese in der Winterpause. Ab April kann man hier jedoch einkehren und fangfrische Forellen genießen. Auf einen gut ausgeschilderten Pfad geht es den Berg hinauf, bis zu den Wasserfällen. Man kann ihn auch bergab erwandern, dann ist der Einstieg beim Präsidentenpalast. Ein empfehlenswerter Weg, mit wirklich tollen Panorama-Ausblicken.

Wanderweg zu den Caledonia Falls

Nach unserer Wandertour wollten wir, „man ist schließlich schon mal in der Gegend,“- hinauf zum Olympus. Mein Freund war etwas besorgt, da wir schließlich im Miniauto mit Sommerreifen unterwegs waren. Seine Befürchtungen wischte ich jedoch vorerst einfach weg. Der Berg rief und so ein bisschen Schnee, dass kann uns doch nicht erschüttern. Doch ich wurde eines Besseren belehrt. Schon auf halber Strecke überraschte uns eine spiegelglatte Fahrbahn, auf der die Sommerreifen wenig Halt fanden. Ich muss meine „Budget-Mietwagen-Haltung“ wohl doch überdenken, besonders wenn es ins zypriotische Eis geht. 

Auf dem Olympus verblüffte uns dann ein Wintermärchen in „zauberhaften Weiß“, mit meterhohem Schnee und vielen Wintersportlern. Langsam und vorsichtig traten wir den Rückweg an und zum Glück kamen wir ohne Blessuren wieder unterhalb der Schneegrenze an. Der Rückweg an der Küste, führte uns über die dünnbesiedelte  Pitsiliá Region. Sie umfasst 40 malerische Ortschaften die sich an die Hänge schmiegen oder sich in den Tälern verstecken.  Sattes Grün, weite Täler lassen die Insel der Aphrodite hier fasst so grün wie Irland erscheinen.

Pitsiliá Region im östllichen Troodos Gebirge

Nach zwei Stunden erreicht man dann die Stadt Limassol. Dieser haben wir dann an einem anderen Tag auch noch einen Besuch abgestattet. Die Stadt hat den bedeutendsten Hafen des Südens. Erreicht  man sie von der Küstenstraße aus, muss man vorerst den 4-spurigen Kreisverkehr ab der Autobahn “lebendig überstehen” – und das alles im Linksverkehr und ohne Fahrbahn-Markierung!  Dann bietet sich vorerst ein wenig hübsches und total verbautes Stadtbild. Das ändert sich erst, rund um das alte türkische Viertel und die Markthalle.

Türkisches Viertel Limassol

Hier hat die Stadt noch Gesicht, mit ein wenig orientalischem Flair. Die verwinkelten Altstadtgassen tragen türkische Namen und es gibt kleine Handwerksbetriebe und Kaffeehäuser.  Auch die  Kebir Mosque ist einen Besuch wert. Außerdem sollte man entlang der Ágios Andreou bummeln oder einen Spaziergang über die Strandpromenade machen. 

Am Ende unserer Reise war ich zwar nicht so schön und begehrenswert wie die Aphrodite, dafür aber um viele schöne Eindrücke reicher. Zypern hat wirklich viel mehr zu bieten als die „schnöde Sommersause“, wo es nur um Sonne, Strand und Entspannung geht. Besonders in der Nachsaison findet sich hier ein ursprüngliches Stück Mittelmeerkultur. Wer außerdem der Dunkelheit, Kälte und dem Regen entfliehen möchte, die Natur liebt und gerne wandert oder anders aktiv ist, für den hält Zypern viel bereit. Denn hier versteckt sich zur kalten Jahreszeit der Frühling, bis er sich auf den Weg zu uns macht.

Informationen über Zypern erhält man hier: http://www.visitcyprus.org.cy/wps/portal

 

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