Nordzypern- Jenseits des Fünf-Finger-Gebirges
Eigentlich ist die Türkische Republik Nordzypern (TRC) ein Land, das es gar nicht gibt. Es wird als unentdecktes Juwel, Paradies am Rande Europas und als Geheimtipp gehandelt. Eines gleich vorweg,- unberührt ist hier nichts. Ehrlich gesagt, es ist ein Urlaubsparadies für den zweiten Blick, für alle, die es ehrlich und ungeschönt mögen. Hauptsächlich kommen die Festlandtürken hierher, denn jedes größere Hotel verfügt über ein Kasino. Inklusive sind lockere Sitten im Vergleich zum Mutterland, es darf gezockt und Alkohol getrunken werden. Trotzdem ist Nordzypern ein Insidertipp, auch wenn wir Schönheit suchen mussten.
Girne/ Kyrenia
Dass sich im Norden Zyperns ein kleines Las Vegas befindet, war für uns nicht von Belang. Wir hatten uns vielmehr in die Hafenansicht von Girne verguckt. Früher galt es als dass Saint-Tropez des östlichen Mittelmeers. Ein eleganter Ort, wie an der Côte d’Azur, ist Girne sicher nicht. Das Aushängeschild ist der malerische Hafen, um ihn herum gibt es ein hübsches Viertel mit kleinen Gassen und Läden. Im Hafen dümpeln einige schicke Jachten, Ausflugsboote und sanierungsbedürftige Schiffe. Das Hafenbecken ist von alten Lagerhäusern umgeben, in denen man gut essen kann. Dominiert wird die Szenerie von der Festungsanlage. Ein Besuch können wir empfehlen, schon wegen der Aussicht auf das Meer und die Umgebung. Im Inneren der Festung befinden sich mehrere kleine Ausstellungen und auf den Mauern kann man den Komplex umrunden.Das ist es dann auch leider mit der Idylle, ansonsten besteht Girne aus wuchtigen Wohn- und Hotelkomplexen mit englischen Pubs und Spielkasinos. Ehrlich halt, – keine pittoreske Szenerie, damit alles schön künstlich „beautiful“ daherkommt. Wir haben uns trotzdem wohlgefühlt, auch wenn viele Grundtücke und Vorgärten eher im Stil einer Wertstoffbeseitigungsanlage „dekoriert“ sind.Empfehlenswert ist ein Ausflug nach Bellapais, es liegt ca. 4km oberhalb von Girne. Es ist zu Fuß zu erreichen und liegt in ca. 400 m Höhe. Also ein Marsch mit Aufwärtsgarantie. Das Dorf ist berühmt für die Überreste einer ehemaligen Abtei. Die Ruine präsentiert imposante gotische Bögen und Steinmauern mit Türmen. Wir haben den schönen Blick bis zur Küste genossen.
Besparmak Daglari das Fünf-Finger Gebirge
Zyperns Nordküste ist durch einen schroff, bizarren Gebirgszug geprägt. Er ist nur wenige Kilometer breit, aber seine Gipfel ragen bis zu 1024 Meter in die Höhe. Hier finden sich Burgen aus der Kreuzritterzeit, verfallene Klöster und Kirchen und kleine Dörfer, die von der Zeit vergessen zu sein scheinen. Für Wanderer gibt es den 260 Kilometer lange Besparmak Trail. Er durchquert Nordzypern – vom Kap Korucam im Westen bis Kap Zafer am nordöstlichen Zipfel.
Karpaz -Halbinsel
Die letzten Ausläufer der Gebirgskette enden auf der Karpaz Halbinsel. Wie ein Finger im Meer streckt sich die Halbinsel an der Nordostseite ins Mittelmeer.Die ersten Eindrücke vom Karpaz haben uns jedoch erschüttert. Die Küste ist geprägt von Hotelruinen und vor sich hingammelnde Reihenhäuser. Der Wind pfeift durch leere Betongerippe; diese verschandeln die Küste, halb fertig und dem Verfall überlassen. Noch schlimmer sind die Hotelklötze, rund um Bafra im Südosten. Israelische, russische und britische Investoren ziehen in großem Stil Anlagen hoch, es entstehen Bettenburgen für bis zu 14 000 Touristen.Am Eingang der Halbinsel lohnt ein Stop in Bogaz, der kleine Hafen hat viele Fischrestaurants und Zyprioten nehmen lange Anfahrten auf sich, um hier frischem Fisch zu kaufen.Erst tiefer auf der Halbinsel erschließt sich eine unberührte Landschaft, denn bis vor wenigen Jahren war der Karpaz in großen Teilen militärisches Sperrgebiet. Das unberührte Naturparadies beginnt weit hinter den langen Sandstränden der Südostküste. Lorbeerbewaldete Hügel und grüne Ebenen prägen die Landschaft, die sich zum Meer hin öffnet. Die fruchtbare Erde schimmert in facettenreichen rotbraunen Tönen, die an vielen Stellen von strahlend weißem Kalksteinboden abgelöst wird. Schaf-und Ziegenherden rasten im Schatten alter Bäume. Im Frühling überzieht ein Meer aus gelben Sauerkleeblüten die Felder.
Dipkarpaz- Letzte griechische Enklave
Der Hauptort der Karpaz- Halbinsel ist Dipkarpaz. Hier leben heute noch 250 Zyperngriechen. Sie besitzen den Grund und Boden auf dem sie wohnen. Sie dürfen Besuch aus dem Süden empfangen, die Kinder lernen in einer griechischsprachigen Grundschule. Im Zentrum stehen die Agios-Synesios-Kirche und die Moschee nebeneinander, auf der linken Straßenseite gibt es einen türkischen Süpermarket, rechts einen griechischen Lebensmittelladen. Der Grund für diese Besonderheit, als die Türken 1974 den Ort abriegelten, konnten die Griechen nicht mehr fliehen und blieben einfach.
Verwilderte Esel
In Dipkarpaz gib es auch erste Hinweise auf die „berühmten“ freilaufenden Esel. Eine Karte in der Ortsmitte zeigt, wo sie leben. Viele glauben, es sind verwaiste Tiere, die während der Besatzung zurückgelassen wurden, das stimmt so nicht ganz. Nachweislich lebten schon im Mittelalter wilde Esel in der Region. Außerdem gab es eine alte Bauerntradition, die die Population ebenfalls am Leben hielt. Früher ließen Bauern ihre Esel im Winter frei, weil sie diese nicht brauchten. Der Karpaz bot den Tieren in der kalten Jahreszeit Schutz und ausreichend Nahrung. Im Sommer fingen die Bauer ihre Tiere wieder ein, wobei wohl einige Esel übersehen wurden. Während der Besatzung blieben dann noch weitere Esel herrenlos zurück und schlossen sich den wilden Tieren an. Wir haben die einst so scheuen Esel als aufdringlich erlebt, wer kein Futter rausrückt wird gestalkt und genötigt. Die Bettelei macht sogar vor der Wagentür keinen Halt, beliebt ist auch das „abriegeln“ der Straße.
Golden Beach und das Andreas-Kloster
Das Andeas-Kloster wird zurzeit restauriert und ist im Moment wenig sehenswert. Die Quelle, die Linderung von Gebrechen verspricht, ist ebenfalls recht runtergekommen. Trotzdem unter den orthodoxen Christen Zyperns wird der Apostel Andreas als großer Wundertäter verehrt. Der Überlieferung nach machte Andreas mit seinem Schiff hier halt, als er auf dem Weg nach Palästina war. Mit dem Süßwasser der Quelle machte Andreas, den Kapitän auf seinem blinden Auge wieder sehend. Seitdem wird der Quelle unter der Kirche große Heilwirkung zugesprochen. Ich glaube, wenn die Restaurierung abgeschlossen ist, wird das Areal wieder sehr schön werden.Der Golden Beach gilt als unberührtes Naturparadies und als der längste Strand Zyperns. Sechs Kilometer ist er lang und bis zu 500 Meter breit, mit Dünen gesäumt. Meeresschildkröten kommen zur Eiablage hierher.Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich der „Traumstrand“ aber mit Müllhalde im Anhang. Er ist zwar ausgewiesener Teil des Naturschutzgebiet Karpaz-Halbinsel, aber er präsentiert auch den typischen Wohlstandsmüll, wie Tunnelfolien, Gartenmöbelbruchstücke und Plastikflaschen aller Art.
Lefkosia, Nikosia oder Lefkosa
Die Stadt geizt nicht mit unterschiedlichen Namen, eigentlich weiß keiner, wie sie nun eigentlich heißt. Sie ist die letzte geteilte Hauptstadt der Welt, mit Mauer, Stacheldraht und Visumpflicht. Auf der einen Seite die Moslems, auf der anderen Seite die orthodoxen Christen. Eine bizarre Parallelwelt aus Fakeprodukten, erzbischöflichen Palast, Efes-Bier und Starbucks.Unser Dolmus- Sammeltaxi entließ und am Girne Tor. Unser Weg führte uns durch die Stadtmauer ins türkische Altstadtviertel. Die Szenerie ist typisch türkisch unaufgeräumt und an vielen Stellen runtergekommen, mit baufälligen Häusern. Aber ich muss gestehen der „schlamperte“ Charme gefällt mir irgendwie. Es gibt kleine Geschäfte und Stände in denen die klassischen Markenimitate verkauft werden. In den Cafés lassen sich die Herren der Schöpfung einen guten Tag sein und genießen einen Tee nach dem anderen. Den typischen Stilbruch: Kathedrale wird zur Moschee,- findet man in der Selimiy Moschee (Sophienkathedrale). Das Gotteshaus wurde im 13. Jahrhundert erbaut und mit dem Aufbau von zwei Minaretten kurzerhand in eine Moschee umgewandelt.Ganz in der Nähe findet sich die restaurierte Karawanserei Büyük Han – ein Ensemble aus verschiedenen Shops, in dem man Schmuck, Gewürze und hochwertigere Souvenirs kaufen kann oder entspannt in der Sonne chillen kann.
Nikosia – Der griechische Teil
Natürlich wurden wir auch zu Grenzgängern, der Übertritt in den griechischen Teil ist absolut problemlos. Die Haupteinkaufsstraße Lidra Street präsentiert sich jedoch wie eine andere Welt. Alles ist sauber, es gibt noble Geschäfte, Cafés und Restaurants und die typischen europäischen Bekleidungs- und Fast-Food-Ketten. Besonders gefallen hat uns das restaurierte Viertel Laiki Yitonia, mit seinen vielen romantischen Ecken. In den engen Gassen in der Nähe des Famagusta-Tores – findet man noch traditionelle Handwerksläden, Restaurants und Boutiquen.Wer es mag, läuft entlang der verlassenen Straße und der UN-Pufferzone zurück zum Grenzübergang. Hier gibt es viele bizarre Eindrücke, die lange in Erinnerung bleiben.
Praktische Tipps
Wer rumkommen will, sollte auf jeden Fall die Dolmus- Sammeltaxis ausprobieren. Sie sind unschlagbar günstig und verkehren sehr häufig zwischen den unterschiedlichen Orten. Wir haben auch bemerkt, dass ganz normale Taxis recht billig sind. Nordzypern bietet eine breite Palette an Urlaubsmöglichkeiten vom All-In Hotelurlaub bis zum Öko-Tourismus in kleinen Bauernhöfen. Eine gute erste Auswahl findet sich unter: http://www.der.com/reiseziele/europa/zypernWer Nordzypern erwandern will, sollte es über den Besparmak Trail entdecken. Außerdem gibt es spezielle Ferienangebote für Mountainbiker und Reiter. Was wir nicht empfehlen können, sind die kleinen Hüttenanlagen um den Golden Beach. Sie haben meist sehr schlechte Bewertungen und sind vergleichsweise teuer.
Unser Fazit: Nordzypern ist eine ungeschminkte Schönheit. Ein Reiseziel für alle, die den ungeschliffenen Charme mögen und keinen Wert auf pittoresk, malerische Postkartenidylle legen. Dafür gibt es eine abwechslungsreiche Landschaft mit Gebirgen, weiten Ebenen und langen unberührten Stränden.
Hallo,
super Tipp – ich wusste gar nicht das Zypern geteilt ist.
Nordzypern wird unser nächstes Reiseziel.
Dankeschön und macht weiter so!!!
Liebe Grüße an das Team.
Mein Freund und ich sind seit vielen Jahren eure Fans.
Wir waren schon da und es ist dort wirklich so.
Wir können nur jeden empfehlen in Lefkosia mal die Länder zu wechseln 🙂
Es ist wirklich Beeindrukend.
LG
Halöle,
Wir fliegen seit vielen Jahren nach Nordzypern und verbringen dort unseren Urlaub. Das Wetter ist immer schön und die Buffets unschlagbar.
Die Türken sind sehr nett und hilfsbereit.
Ein sehr schönes Urlaubsziel.
Hallo,
tolle Seite mit schönen Berichten. Geschmückt mit klasse Fotos.
Ich war schon einige Male dort. Aber wenn man das hier so liest bekommt man wirklich Lust. Es ist wahrscheinlich wie in jedem Land. Man kann gerade in kleineren und unbekannteren Regionen viel Neues entdecken.
Hi,
toller Reisebericht von Nordzypern. Durch deinen Bericht habe ich für 2016 ein neues Ziel entdeckt. Mal sehen ob wir es schaffen…..
Also vielen Dank,
Svenja
Guten Tag,
das ist ein wirklich schöner Reisebericht mit tollen Bildern!
Vielen lieben Dank!
Eure Hilde
Hi Leute,
tolle Seite – bin wirklich begeistert.
Toller Bericht und sehr schöne Bilder.
LG
Sven
Great pictures. They are amazing,